In New York wohnten Klaus und Erika, aber auch Thomas Mann und Katia häufig im Hotel Bedford, 118 E 40th St., zwischen der Lexington und der Park Ave. Klaus und Erika waren Stammgäste, schrieben hier u.a. am Emigrantenroman „Escape to Life“. Das Hotel, schlicht-elegante Backsteinfassade mit Einsprengseln von Art Deco, war verkehrsgünstig gelegen, nahe dem Grand Central, preislich in der Mittelklasse (die Nacht für drei Dollar) und Anlaufstelle auch für Schriftstellerkollegen. Der Sprachwissenschaftler Philipp Angermeyer rekapituliert im Artikel „Wohnen wie Klaus Mann“ diese Zeit. Dieses Hotel als Kreuzungspunkt der Familie Mann scheint mir interessant – ich suche es auf.
Heute heißt das Hotel „Renwick “, wird von der Hilton-Kette betrieben und ist „very artsy“: Türen und Wände der Lobby sind von einem Künstler bemalt und beschriftet, mit Porträts und Aussprüchen von Schriftstellern, die hier gewohnt haben, – darunter Hemingway, Steinbeck, Fitzgerald – und auch Thomas Mann, dessen Nobelpreis erwähnt ist. Von Klaus und Erika ist nicht die Rede, auch wenn sie viel länger hier wohnten als ihr Vater – vielleicht waren sie den Betreibern nicht bedeutend genug – und ein „Mann“ reichte.
In der Nähe des Empfangs ein Designobjekt aus vielfach gekreuzten Leuchtstäben. Und, gleich am Eingang, über dem Sturz der Innentür, begrüßt einen ein Zitat von Thomas Mann, das die Kunst selbst zum Gegenstand hat: „Art is the funnel, as it were, through which spirit is poured into life.“ [Kunst ist sozusagen der Trichter, durch den der Geist ins Leben geschüttet wird]. Das in Versalbuchstaben, eine Inschrift, ein Motto, unter dem man das Hotel betritt. Man darf sich als Gast damit als Teilhaber an Geist und Kunst fühlen, auf Augenhöhe mit den großen Geistern, die hier aus- und eingingen. Auf jeden Fall müssen Thomas Mann und „Kunst“ (was auch immer hier darunter zu verstehen ist) hier arg für das Marketing herhalten.
Draußen auf der Straße geht es weniger artsy zu: Als ich ankomme, ist gerade voller Betrieb, der Hoteleingang wird gefegt, die Müllabfuhr ist zu Gange, es kracht und stinkt, Taxis, Autos hupen. Zwischen und über allem steht stoisch die Leuchte (deren eine Lampe übrigens gerade ausgefallen ist, wie sich bei einem Besuch abends zeigt).
Die Straßenleuchte spiegelt in ihrer Höhe (fast neun Meter) und ihrem Design die Grandeur der Weltstadt New York und das des Bezirks in Midtown Manhattan wider – mit zwei tropfenförmigen Köpfen, wie sie hier im District stehen.
Die Leuchte ist aber auch interessant, was ihre Betreuung und den Betrieb von urbanem Mobiliar allgemein angeht: Für sie ist nicht allgemein die Kommune, die Stadt New York zuständig, sondern eine „Partnership“, ein Zusammenschluss von Geschäften und Firmen, die in diesem Quartier der Innenstadt angesiedelt sind und es betreuen, eine Art privat organisiertes Kiezmanagement, das seit den 1980er Jahren aktiv ist, der Zeit, als man die Probleme New Yorks mit Neustrukturierungen zu lösen versuchte. Es gibt verschiedene, auf der Leuchte ist das Signet der Grand Central Partnership angebracht. Im Hintergrund tauchen Fragen auf: Wer kümmert sich um die öffentlichen Einrichtungen einer Stadt, wie ist sie organisiert, wem „gehört“ eine Stadt?